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Auf dem Weg nach Emmaus

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Vorwort

Es war ein besonderes Geschenk, als in der Fastenzeit 2001 die Bilder und Texte von Karin Hartmann bei uns in „Seelsorge & Begegnung“ ausgestellt waren und uns auf dem Weg zum Osterfest inspirierten. Die Besucher und Besucherinnen unseres Hauses wie auch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen erlebten ein tiefes Angesprochensein von diesem authentischen Lebens- und Glaubenszeugnis.
Daran wollen wir Sie mit dieser Broschüre Anteil nehmen las-sen.

Es begann mit persönlichen Gesprächen, in deren Verlauf Karin Hartmann erzählte, dass sie noch kleine Ölbilder hat aus der Zeit vor etwa zwanzig Jahren. Damals entdeckte sie auf ihrem Weg aus der Krankheit als sehr wichtiges und heilsames Ausdrucksmittel das Malen. Sie wagte die Bilder wieder zu zeigen. Sie zeugen von einer tiefen Auseinandersetzung mit dem eigenen Glauben und den christlichen Glaubensinhalten.
Die Suche nach dem verheißenen Leben war die Triebfeder im Entstehen der Bilder und Texte – damals im Prozeß des Malens und ebenso heute im Prozeß des nochmaligen Anschauens und Durcharbeitens angesichts der „wiedergefundenen“ Bilder.

Aus dem Gespräch über dieses biographische Zeugnis entstand die Idee, die Bilder in den Räumen von „Seelsorge & Begegnung“ zu zeigen – im Foyer, vornehmlich aber in der Kapelle. Hier entstand ein besonderes Zwiegespräch zwischen den Bildern und den Symbolen des Glaubens:

„Denn wir haben seinen Stern gesehen“ (Titelbild) hing im Blickpunkt des Foyers. „Im Sturm” hing über der Eingangstüre zur Kapelle.
Am Weihwasserbecken stand „Eingetauft“, „Kindertage” auf dem hölzernen Kubus neben der Marien-ikone. „Nacht – der zusammengekrümmte Mensch” lehnte am Boden unter dem Rundkreuz, in dessen Kreuzpunkt „Ecce homo“ hing. „Lichttor” war plaziert an der Stele, die zu Ostern die Osterkerze trägt. „Eucharistie“ stand am Fenster neben dem Altartisch.
Die dialogische Anordnung führte die Betrachter und Betrachterinnen zum inneren Gespräch, sei es im stillen Schauen, sei es in der gemeinsamen Betrachtung bei einem Gottesdienst oder Gruppentreffen.
Zur Mitte der Bilder und zu der in ihnen spürbaren Glaubenshaltung leiteten dann auch die Texte, in denen Frau Hartmann reflexiv und meditativ ihren Glaubensweg von damals und heute für diese Präsentation nochmals ins Wort gebracht hatte. Die Mappe mit den Manuskripten lag während der Ausstellungszeit aus.
Von Aschermittwoch bis zur Woche des Weißen Sonntags wurden zu den Gottesdiensten und Abendgebeten jeweils ein oder zwei Bilder in die meditative Mitte der Liturgie gestellt.
Am Karfreitag ,wanderten’ die drei Bilder „Nacht“, „Ecce homo“ und „Lichttor“ in die Kapelle der Rheinischen Kliniken Köln. Hier brachten sie zusammen mit den von Frau Hartmann gelesenen Texten die Passion Jesu und die Leiderfahrungen heutiger Menschen in eine eindrucksvolle Wechselwirkung.

So war die Zeit mit diesen Bildern für uns und die Besucher und Besucherinnen ein „Weg nach Emmaus“. Die Bilder und Texte erzählten von Leid, Lebenssuche und Erfüllung. Die Liturgie und Symbole der Fastenzeit, der Kar- und Ostertage, brachten die Bilder in ein inneres Wechselspiel mit der biblischen Botschaft von Gottes Zusage, von Kreuz und Auferstehung.

Es tat gut, dass Karin Hartmann für ihre Bilder nicht den Anspruch von „Kunst“ erhebt. Doch war es für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gerade der spontane und klare Ausdruck der Bilder mit ihrer spirituellen Tiefe, der ansprach und Emotionen, Fragen, Assoziationen freisetzte. Mit den erzählenden und reflexiven Glaubenstexten wurde bei den Betrachtenden immer wieder eigenes Erzählen angestoßen, und ermutigt, die eigene Biographie zur Sprache zubringen. Eigene Glaubensschritte wurden erinnert und angerührt.

Der Weg nach Emmaus in dieser Fastenzeit 2001 war voll von Erlebnissen in inneren und äußeren Begegnungen mit Menschen und ihrer Geschichte mit Gott.

Karin Hartmann sind wir dafür sehr dankbar.

Manfred Becker-Irmen, Karl-Hermann Büsch,
Birgitta Daniels-Nieswand, Dietrich Grütjen

Auf dem Weg nach Emmaus

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Während meines Aufenthaltes in der Tagesklinik in der Alteburger Straße im Jahr 1983 erlebte ich mich innerlich in der totalen Hölle. In dieser Zeit fiel ein Text in mich hinein, der in den folgenden Jahren zu einem Samenkorn des Vertrauens wurde:

Von guten Mächten wunderbar geborgen
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiß an jedem neuen Tag.

In den Jahren 1983 und 1984 sind die Bilder entstanden. Es war eine Zeit, in der ich versuchte, einen Weg aus meiner tiefen Krise zu finden. Ich war damals sehr einsam. Durch das Malen der Bilder konnte ich vieles verarbeiten, was in mir aufgebrochen war. Viele Jahre lagen diese Bilder in verstaubten Mappen. Im Gespräch entstand die Idee, diese Bilder hier in „Seelsorge & Begegnung“ zu zeigen. Die Texte habe ich im Februar und März 2001 geschrieben. Dabei mußte ich noch einmal den alten Problemen begegnen.

Ich möchte nicht, dass diese Bilder als „Kunstwerke“ betrachtet werden, vielmehr sind sie für mich Bilder meines Lebens- und Glaubensprozesses. Deshalb bin ich froh, dass sie in der Fastenzeit 2001 und in dieser Kapelle Teil unseres gemeinsamen Betens wurden. Wenn ich die Bilder aus einer schweren Zeit betrachte, dann erkenne ich voll Dankbarkeit, dass der Weg mich immer mehr ins Leben geführt hat und weiterführen wird.

Eingetauft

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Das Bild ist mir selbst ein Rätsel, und es fällt mir schwer, in dem, was ich sehe und in meinen Assoziationen einen roten Faden zu finden.

„Eingetauft“ – das Wort stammt nicht von mir, aber ich versuche, ihm zu folgen. Sicherlich hatte ich beim Malen des Bildes die Vorstellung: Eucharistie, die Schale, das Brot, das Kreuz und das göttliche Licht. Aber wenn ich das Material ansehe, aus dem Schale und Brot gemacht sind, dann ist das ganze doch sehr fleischlich: eine Gestalt, deren Arme wie eine Schale erhoben sind.

„Eingetauft – eingetaucht.“ Eingetaucht in ein dunkles Meer. Wasser ist das Urelement, das mütterliche Element, aus dem alles Leben kommt. Es hat nährende und schützende Eigenschaften, ist, wie Franz von Assisi sagt, keusch und rein, aber auch auf der anderen Seite dunkel, bedrohlich und tödlich.

„Eingetauft – eingetaucht.“ Die Gestalt ist diesem dunklen, tödlichen Element ausgeliefert. „… All Deine Wogen und Wellen schlagen über mir zusammen…“ (Ps 88). „…Ich bin im tiefen Schlamm versunken und habe keinen Halt mehr…“ (Ps 69). Aber meine Arme sind erhoben zu Gott, meinem Licht und meinem Heil. Die Gebärde deutet die Bereitschaft an, alle Bedrohung, alle Angst, alle Dunkelheit und allen Schmerz der Welt und der Menschen im Zeichen des Kreuzes anzunehmen und zu Brot werden zu lassen für alle.

Früchte

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Gott, mein Schöpfer!

In dieser Schale aus Erde sind die Früchte meines Ackers. Dieser Acker, den Du mir gegeben hast, war schwer zu bewirtschaften. Es gab dort viele Steine und Unkraut – Disteln, Löwenzahn und Hirtentäschl. Trotzdem sind diese Trauben darauf gewachsen und die Bananen und die Blutorangen. Ich bin nicht ganz sicher, und oft zweifle ich, ob die Früchte wohl immer so schön sind, wie sie aussehen. Die Bananen sind vielleicht unreif und die Trauben bitter. Ich bitte Dich, Gott, mein Schöpfer, nimm sie so an, wie sie gewachsen sind, schicke noch ein paar warme Sonnentage. Nimm den Trauben ihre Bitterkeit und lass die Früchte reif und süß werden, damit sie meinen Freunden schmecken.

Amen

Entengeplauder

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Zwei Enten auf dunklem Gewässer – die ganze Atmosphäre, alle Pinselstriche bringen die beiden miteinander in Verbindung. Es wabert und wogt um sie herum. Sie haben sich offensichtlich gefunden und mögen und verstehen sich. Sie schnäbeln und schmusen und erzählen sich helle und dunkle Geschichten. Die Wogen unter ihnen sind dunkel, und auch das Gefieder ist nicht hell, sondern dunkelbunt in den Farben gedämpft. Die beiden sind eben lebenserfahrene Enten und nicht mehr ganz jung. Was wissen wir Menschen, was für Dunkelheiten auch in einem Entenleben vorkommen? Jedenfalls: jetzt teilen sie alles miteinander, und alles ist gar nicht mehr so schlimm. Die dunklen Gewässer in der Tiefe ängstigen nicht mehr so, und der weite Bogen, den der Himmel über ihnen schlägt, sagt: Auch eine Entenliebe ist bei Gott heilig.

Kindertage

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Der Grund, auf dem die Mutter mit ihrem Kind sitzt, sieht nach Abgrund aus. Die Mutter befindet sich zwischen dem Abgrund unter sich und dem Kreuz, das über dem Kind und ihr schwebt. Die Strahlen, die von dem Kreuz ausgehen, sind von hellen Farben und hoffnungsvoll. Zwischen Mutter und Kind sind sie sogar zu einem starken Licht geworden. Das Kreuz selbst aber ist schwer und dunkel. Die Strahlen sind Verheißung – das Kreuz muß durchlitten werden – von Mutter und Kind. Das Rot im Gewand der Mutter entspricht dem dunklen Rot auf dem Körper des Kindes. Das Rot steht für Leben, ja, aber dieses Leben umgeben vom Abgrund bedeutet viel Schmerzen und Wunden. Das Kind streckt die Arme aus nach der Mutter. Die Mutter lächelt still in sich hinein. Findet das Kind eine Antwort? Das Blau in den Gesichtszügen und im Gewand der Mutter drückt Treue aus, auch in der Entfremdung.
Die Hände der Mutter sind nur angedeutet und etwas kurz und ungeschickt. Sie stützen den Kopf des Kindes – greifen können sie nicht. Das Kind liegt auf ihren Knien – gestützt, aber nicht festgehalten. Das Kind kann gehen, wenn es gehen kann.
Die Strahlen, die vom Kreuz ausgehen, sind von Mutter und Kind nicht zu sehen. Erst langsam beginnen die Wunden zu heilen, und das Kreuz beginnt zu strahlen.

Im Sturm

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„Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt …“ – das war das Ursprungsmotiv für dieses Bild. Ein Segelboot und Menschen darin, der Bug geht in ein Kreuz über; Wellen, die fast über dem Boot zusammenschlagen. Das Kreuz ist braun – Erde – und rot umrandet – Leben, Blut, Schmerz. Es ist kein überirdisches Kreuz, sondern ein irdisches, eines aus unseren eigenen Bausteinen, aus unserer Arbeit, aus unseren Hoffnungen, aus unseren Leiden – hineingenommen in das Kreuz Jesu, in Gottes Liebe und Mitleiden, zum Leben bestimmt.

Mir fällt es schwer, unsere Kirche hier im Westen in so einem lebensbedrohlichen Sturm zu sehen, vielleicht eher in einer bedrohlichen Windstille. Aber ob Sturm oder Windstille – Er sitzt mit im Boot und teilt unser Leben. Er scheint zu schlafen, wir vermissen Seinen Trost. Aber zur gegebenen Zeit richtet Er sich auf und herrscht über das Wetter: Der Wind setzt ein, wo Stille herrschte, und bringt das Schiff auf Kurs ins Leben. Gute, erlösende Stille tritt ein, wo vorher der Sturm gewütet hat.

Die Gemeinde hat in meinem Glaubensprozeß eine wichtige Rolle gespielt, negativ und positiv, mal konkret, mal weniger konkret, aber immer als Gemeinschaft der Betenden. In den Zeiten, in denen ich selbst nicht mehr glauben konnte, war es mir wichtig, dass andere für mich stellvertretend beteten.

Leidenschaft

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Die Schlange, glitschig und gierig,
windet sich um ein Holz.
Ihr Leib ist braungelb (Erde), aber vor allen Dingen
rot, rot, rot – Fleisch, Blut, Leben – Schmerz.
Weiß sie, dass es das Kreuz ist, das sie umschlingt?
Der Kopf berührt den Querbalken,
und das sieht fast aus wie ein Kuß.
Auch das Kreuz trägt
die braune Farbe der Erde,
die gelbe Farbe des Lichtes,
und sehr wichtig, die rote Farbe des Lebens,
des Blutes und des Schmerzes.
Es ist tief verwurzelt in unserer Erde.
Aus den Wurzeln, die wie eine Woge aussehen,
wächst eine große Hand – eine schützende, bergende, segnende Hand.
Diese Hand ist für mich das Wichtigste im Bild.
Ich bin sicher, dass sie mich bewahrt hat vor großem Unheil.
Die Dornenkrone
ist auf der linken Seite schon zu einer Lichtkrone geworden,
die rechte ist noch vom Schmerz gezeichnet.
Der Hintergrund, nachtblau bis blau:
Die Treue Gottes,
die Er uns in allen Kämpfen und Schmerzen,
in allen Dunkelheiten bewahren will.

Nacht – der zusammengekrümmte Mensch

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Wichtige Menschen haben mich nicht gesehen und nicht gehört. Sie haben mich übersehen – lauter kluge und fromme Leute. Als sie die leisen Töne nicht hörten, wurde ich lauter. Als sie mich immer noch nicht wahrnahmen, begann ich zu schreien. Sie hielten sich die Ohren zu. Ich war ihnen zu laut, zu lästig, zu provokant, zu aufdringlich. Sie knallten ihre schönen Eichentüren vor mir zu. Ich lag auf ihren Stufen wie Lazarus und hungerte nach Brosamen, einem Blick, einem Wort des Interesses. Aber sie übersahen mich und stiegen über mich hinweg. Ich war eine Unperson.

Der Kampf ist nun vorbei. Der Schrei ist verhallt – ohne Echo. Das Gebet ist verstummt. Dunkle Nacht hüllt mich ein, tödliches Schweigen hüllt mich ein, tiefe Einsamkeit hüllt mich ein. Wart Ihr schon einmal im Moor? Kein Vogellaut, kein Insekt, kein Frosch, keine Schnecke, keine Bewegung, kein Laut, kein Leben. Das totale Schweigen. Der Mund, das Herz dieses Menschen – mein Mund, mein Herz – können nicht mehr beten. Das Gespräch mit Gott ist abgerissen, das Bild des liebenden Gottes zerstört. Das einzige Zeichen, das dieser zerstörte Glaube noch ließ, ist diese stumme Geste des Sich-Fügens in ein so großes unverstandenes Leiden.

Ecce homo

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Du wurdest Fleisch, verletzlich, zerbrechlich, ausgeliefert – rotes verwundbares Fleisch. Du warst aus den gleichen Bausteinen gemacht wie wir, mit unseren Trieben und Kräften, mit unseren Abgründen und mit unseren Versuchungen.
Du hast Dein Gott-Sein gelebt unter den Bedingungen unseres Mensch-Seins. Du hast die Liebe gelebt, mit aller Sanftmut und aller Strenge und sogar mit Härte. Du warst den Kleinen und Verachteten ein Bruder und den Mächtigen ein Herr. Aber Deine Wahrheit war nicht bequem und stellte ihre Autorität in Frage. Deshalb wollten sie Dich aus der Welt schaffen – und sie haben es doch nicht geschafft.

Auch heute versuchen wir Dich abzuschaffen – Dich mit Deinem Reich Gottes, das wir im Innersten ersehnen und doch die Wege dorthin fliehen.

„Fürwahr, Du bist unter der Last unserer Eitelkeit und Machtgier, unserer Kälte und Gleichgültigkeit, unserer Treulosigkeit und Lieblosigkeit zusammengebrochen.“

Du bist zerbrochen worden von uns, für uns, und so bist Du im Leben und Tod unser Bruder geworden, der Bruder aller Menschen, die leiden. Du bist das Folteropfer und die Frau mit dem verhungernden Kind im Arm. Du bist der Rechtlose und Verfolgte.

„Fürwahr, Du trugst unsere Krankheit und Schmerzen, und durch Deine Wunden sind wir nicht mehr allein, und Heilung kann geschehen.“

Du bist der Verachtete, der, den ich verachte. Ich verachte ihn, weil ich durch sein unansehnliches Äußeres, seinen verkrüppelten Charakter und sein großspuriges Gehabe seine innere Gestalt nicht erkennen kann. Die innere Gestalt ist die Gestalt des leidenden Christus.

„Fürwahr, er hatte keine Gestalt und Schönheit. Wir sahen Ihn, aber da war keine Gestalt, die uns gefallen hätte. Er war so verachtet, dass man das Angesicht vor ihm verbarg. Darum haben wir ihn für nichts geachtet.“

„Er war der Allerverachtetste und Unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit.“

Du erfuhrest die tiefsten Abgründe des Leids – Angst, Schmerzen, Einsamkeit, Nacktheit, Demütigung, Verachtung, Versagen – so wurdest Du uns allen gleich. Sogar in unserer schrecklichsten Erfahrung, der Gottesferne, ließest Du uns nicht allein. Du mußtest auch diese erleiden. Du warst der Allerverachtetste, Du bist der von uns Verachtete. Du bist in uns und Du bist in denen, die ganz, ganz unten sind, wo´s tiefer nicht mehr geht.

Lichttor

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Zunächst, kaum sichtbar:
ein schwarzes Tor –
das Tor des Todes,
der Ver-nicht-ung,
der Verneinung,
das Tor, zu dem all unsere
Menschenwege führen.
Es ist aber auch das Tor
in die Nacht, die wie der
Tod ist –
Die Nacht der Verzweiflung,
die Nacht der Angst,
die Nacht der Einsamkeit,
und die Nacht der Glaubenslosigkeit,
die Nacht der Depression
und die Nacht der Entfremdung.

In meiner Vorstellung konnte
nur Gottes Sonne mit ihren
herrlichen Strahlen dieses Tor
ungültig machen.
Aber: das war nicht Gottes Weg
und auch nicht der Weg
meines Inneren.
Vor Gottes Sonne stellte sich
das Kreuz.
Der an ihm hing, hat den
Tod und die Nacht, den
Schmerz und die Angst
in sich aufgenommen
und alles in Licht ver-
wandelt.
„Ich bin das Licht der
Welt. Wenn Ihr Euer Kreuz
auf Euch nehmt und mir
folgt, dann werdet Ihr
das Leben erhalten.“

Eucharistie

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Ja, die Eucharistie sollte von Anfang an Thema dieses Bildes sein:
die Schale, das Brot, das Kreuz.

Seltsam ist – und gar nicht beabsichtigt: Ich sehe da eine Menschengestalt mit weit ausgebreiteten Armen. Über dem Kopf befindet sich ein Kreuz, nicht ein erdenes, nicht ein blutiges Kreuz. Es ist kein Kreuz mehr, das schmerzt und niederdrückt. Es ist ein Kreuz aus Licht, das, was bleibt, wenn das Leidenskreuz sich aufgelöst hat. Von dem Kreuz gehen Strahlen aus, die alles erfüllen mit Jubel und Liebe und Gesang. Sie füllen auch die weit ausgebreiteten Arme der Menschengestalt. Da sind keine Hände, die sich um Besitz krallen oder nach immer mehr gieren und greifen. Da gibt es keine Fäuste mehr und keinen Kampf.
Da gibt es keinen Krampf mehr und keine Angst. Da ist Freiheit und Erlösung. Da ist nur noch: Die Arme ausbreiten, um die Strahlen Gottes aufzufangen wie eine Blume. Da ist Leben in Fülle. Diese Menschengestalt wird selbst zu einer Schale und zu Brot.

Segenskreuz

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