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Auguststr. 58 · 50733 Köln

Schreibwerkstatt

Lesung

V. Wir haben keine andere Zeit als diese

Atem

Ich atme ein,
ich lade ein.
Ich arme aus,
ich lade aus.

Atem
Heilige Energie
„Prana“,
Quelle des Lebens.

Ich denke also bin ich,
ich atme, also lebe ich.

Einatmen   –   Hinreise
Ausatmen  –   Rückreise,

tanken und sich engagieren.

Der Atem fließt
Frische Luft tut so gut,
gegen Kopfschmerzen,
schlechte Gefühle und Depression,
transportiert Sauerstoff
in alle Körperzellen,
auch die Hautatmung nicht vergessen,
auch die seelische Atmung nicht vergessen.
Gebet als Atem der Seele

Und was ich früher nicht konnte,
auch spirituelles Atmen,
hole ich heute nach,
im Leben als Gottesdienst.

Paul Kehren

Es regnet in der Nacht.

Ich sitze auf dem Stuhl,
mir gegenüber eine uralten Schildkröte.
Ich mische meine Fragen im Wasserglas
und klopfe an deine Tür.
War zuerst das Ei da
Oder die Schildkröte?

Es regnet immer noch in der Nacht.
Ich male ein Schild
und werfe meine Aha-Erlebnisse
in die Luft, wie ein Jongleur.
Schildkröten denken verlangsamt.
Ich gehe langsam auf Dich zu
und mein Herz setzt mich in Flammen.
Ich schlucke viel Feuer,
wie in einem  Zirkus.

Es regnet auf die Dächer.
Wir haben keine andere Zeit als diese.
Willst Du mich nicht schauen?
Willst Du mich nicht berühren?
Ah, wie gern  hätte ich Dir gesungen,
auf eine fremde Sprache,
ganz fremd, Weltfremd.
Und doch Dir alles sagen,
mit ein leisem Zittern,
mit nur einer einzigen Laut,
mit einem Blitz in den Augen.

Es regnet auf die Dächer der Welt.
Das Licht brennt in Häuser.
Fassungslos lebe ich das Leben,
lebe und kann es nicht fassen;
Atme Dich, Deinen Duft;
Und leise flüsterst Du:
„Wir haben keine andere Zeit als diese!“

Kami Djahangiri

Atmen!

Er ist abrufbar,
verinnerlicht als Fleisch und Blut,
tief gewoben in allen Seelenfasern;
sein Antlitz
gemeißelt in meinem Geist,
wie die Sterne
in der Nacht.

Ich rufe Dich an
Und spüre wieder Deine Hände,
die meine suchen.

Fernnah wie Gott.
Alles eingebettet in einer Stoff,
die nicht vergeht,
nicht veraltet;
fließt ewig,
eine Ewigkeit!

Kami Djahangiri

Die erträgliche Leichtigkeit

Auf die Wellen schweben,
ganz leicht,
wie ein Feder
sich tragen lassen;
ohne Ziel,
frei von der Zeit.
Einfach in sich ruhen,
wie ein Schiff am Ufer,
der leise wackelt.
Mein Atem folgen,
bis in den Bauch
und schläfrig sein,
wie ein satter Löwe,
am Fuße des Berges.
Einfach sein,
nur Auge sein,
nur Atem sein!

Kami Djahangiri
An der Quelle sein.
Sonnenschein,
Kristallwasser,
baden.
Barfuß gehen.
In Wasserwelt tauchen,
von dort die Sonne schauen,
in jenseits!

An der Quelle
ganz Ohr sein.
Die Stille streichelt
deine Saiten,
wie am Cello!

An der Quelle
gesammelt sein im Geist.
nackt und verletzlich-
baden
in das reine klare Wasser!

Kami Djahangiri

Blumenhändler

von Lennep
auf dem Straßenpflaster
verkauft mit Liebe Sonnenblumen
Herz

Herz
der Buchladen
hinter dem Blumenhändler
verkauft wunderschöne, herzerwärmende Liebesromane
Romantik

Romantik
auf Straßenpflaster
Menschen herzlichst bedient
im romantisch, winkligen Lennep
Altstadt
Lächele
dem Leben
einfach so zu
es ist so schön
wundervoll

wundervoll
es geht
immer so weiter
mit dem wunderbaren Leben
Lächele

Konrad Folkmann

ganz im Augenblick sein

Zufrieden mit dem kleinen Leben
als starker Baum fühlen
laut singend radeln
Regen umarmend
Tränen zulassen
im Garten
leben

Träumen
mutig
auf Menschen zugehen
mir gestatten, zu wünschen
Geborgenheit auskosten
mir und anderen gut sein

wurzeln in der Erinnerung lebendig zu sein

Angelika Geesthuysen

Heute

will ich
mal anders leben.
Schöne Sachen nur machen,
mich freuen, lesen und schreiben,
nur mit Lust die Zeit vertreiben.
Nach den Wolken gucken, den Wind vertreiben,
dem Vogel sein kiri kiri nachmachen und laut lachen.
So ist mir das Heute zum Träumen und Nachsinnen
und vor allen Dingen immer wieder mutig neu zu beginnen.

Elisabeth Masuhr

Bei mir

Ich tue Dinge
Tue sie nicht wegen eines Anderen
Sondern bleibe bei mir
Horche in mich hinein

Ja, es gibt einen Raum in mir
den darf niemand betreten
außer ich selbst
Wenn ich dort bin, bin ich ganz bei mir
Niemand kann mich dort stören
Die Ewigkeit lässt einen Hauch, eine Spur zurück
Ich bin ausgesöhnt mit dem Sterben,
so weiß ich meine jetzige Zeit zu schätzen

Andrea Schumacher

Loslassen

Nichts denken
Einfach sein
Den erdigen Geruch
Den frischen Duft in sich einatmen
Hören die harmonischen Klänge in sich aufnehmen
Die Natur wahrnehmen
Das samtweiche Moos zwischen Händen durchgleiten lassen
In Stille verharren
Ein- und ausatmen
Aus der Harmonie des Daseins schöpfen

Andrea Schumacher

Herbst

Es ist Herbst
Leichtes wird schwer
zerzaust ist mein Haar
abends kriecht die Dunkelheit in meine Seele

Es ist Herbst
da ist ein Duft
ein Rascheln und Glänzen
zahlreiche Blättermöglichkeiten zu meinen Füßen

Es ist Herbst
die Luft ist klar
ich atme tief
von ferne weht mir meine Sehnsucht entgegen

Es ist Herbst
ein großes wohlriechendes Versprechen
verführt mich zum Lächeln
trotz meiner Traurigkeit

Annegrete Feckler